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19.03.2020
COVID-19-Pandemie: Entschädigungspflicht des Staates wegen des Verbots von Großveranstaltungen?
Im Zuge der COVID-19-Pandemie haben die Städte und Gemeinden in Deutschland alle öffentlichen Veranstaltungen ab 1000 Personen verboten. Die Stadt Kiel erließ hierzu etwa am 12.03.2020 eine Allgemeinverfügung. Es stellt sich die Frage, ob Städte und Gemeinde wegen dieses Verbots zur Entschädigung der Veranstalter verpflichtet sind. Die Antwort lautet: Dies hängt vom Einzelfall ab!
18.02.2020
Abschied vom Beurteilungsspielraum?
Mit einer Entscheidung vom 30.10.2019 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig seine Jahrzehnte lange Rechtsprechung zur gerichtlichen Überprüfbarkeit einer Gremienentscheidung aufgegeben. Die Änderung der Rechtsprechung wird mit dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes begründet, wodurch die teils in der Literatur geäußerte Kritik an der bisherigen Rechtsprechung Beachtung findet. Anlass für das Urteil war eine Klage des Künstlers Bushido gegen die Einordnung seines Musikalbums „Sonny Black“ in die Liste für jugendgefährdende Medien (sog. Indizierung).
20.01.2020
Recht auf Vergessen II: Das BVerfG positioniert sich neu
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 06.11.2019 gleich zwei wegweisende Entscheidungen zu der Frage getroffen, inwiefern ein „Recht zum Vergessenwerden“ im Internet besteht (Beschlüsse 1 BvR 16/13 „Recht auf Vergessen I“ sowie 1 BvR 276/17 „Recht auf Vergessen II“). In letzterer Entscheidung überrascht das BVerfG mit einer unmittelbaren Überprüfung der korrekten Anwendung des Unionsrechts. Das Gericht dehnt damit seinen Prüfungsumfang für die Fälle unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen auf die europäische Grundrechtecharta (GRCh) aus.
26.09.2019
Rechtstatsachen sind keine „Ereignisse“ i.S.d. § 36 VwVfG – Rückforderung von nicht zuwendungsfähigen Ausgaben innerhalb eines Jahres
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 23.01.2019 entschieden, dass Rechtstatsachen keine „Ereignisse“ i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG darstellen und damit seinen Beschluss vom 31.07.2017 bekräftigt. Bei nicht zuwendungsfähigen Ausgaben bedarf es einer Teilaufhebung des Zuwendungsbescheides innerhalb eines Jahres.
Worum geht es?
Zuwendungsbescheide der Verwaltung werden regelmäßig in Verbindung mit den landesrechtlichen - hier sächsischen - Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) erlassen. Diese sehen in Nr. 2.1 vor, dass sich die Zuwendung ermäßigt, wenn sich nach deren Bewilligung die zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigen. Anwendbar ist eine solche Nebenbedingung allerdings nur, wenn sie sich mit der Regelung des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG vereinbaren lässt. Hiernach kann der bedingte Erlass eines Verwaltungsaktes (hier des Zuwendungsbescheides) nur von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängig gemacht werden. Das Gericht hatte also zu entscheiden, ob es sich bei der Ermäßigung der zuwendungsfähigen Ausgaben um ein solches Ereignis handelt.13.09.2019
Verwaltungshelfer im Straßenverkehr
Wenn die Verwaltung die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben an private Unternehmen überträgt, stellt sich die Frage, wer bei einer Nichterfüllung dieser Pflicht für entstehenden Schaden haften muss. Letztlich ist ihre Beantwortung davon abhängig, ob die privaten Unternehmen als Verwaltungshelfer und damit funktionell als Beamte im Haftungssinne anzusehen sind. In diesem Fall ergibt sich aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 S. 1 GG eine Haftung des Staates bzw. der verantwortlichen Körperschaft, während ansonsten eine privatrechtliche Haftung gem. §§ 823 ff. BGB vorliegt.
09.09.2019
Was ist ein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzrechtes?
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 13.06.2019 entschieden, dass das Töten männlicher Küken nur noch für eine Übergangszeit zulässig ist. Warum? – Die wirtschaftlichen Interessen der Brütereien an Hennen, die speziell auf eine hohe Legeleistung hin gezüchtet sind, seien für sich genommen kein vernünftiger Grund i.S.d. § 1 Satz 2 TierschG, der die sofortige Tötung der männlichen Küken rechtfertige. Bis jedoch voraussichtlich in Kürze Alternativen zur Verfügung stünden, beruht die Fortsetzung des Kükentötens vorläufig auf einem vernünftigen Grund und bleibt übergangsweise rechtmäßig.
28.08.2019
Berechtigtes Interesse an der Feststellung der Beteiligungsquote
Gesellschafter einer GbR haben ein berechtigtes Interesse, die Höhe ihrer Beteiligungsquote feststellen zu lassen.
18.07.2019
Mindest- und Höchstsätze der HOAI unionsrechtswidrig
Mit Urteil vom 04.07.2019 hat der EuGH entschieden, dass die in der HOAI festgelegten Mindest- und Höchstsätze für Honorare unionsrechtswidrig sind, weil sie gegen die Dienstleistungsrichtlinie RL 2006/123/EG verstoßen.
11.03.2019
Amtsblätter und das Gebot der Staatsferne der Presse
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 20.12.2018 entschieden, dass das Amtsblatt der Stadt Crailsheim nicht mehr kostenfrei an die Stadtbewohner verteilt werden darf. Warum? – Gemeinde und Städte haben das Institut der freien Presse sowie das Gebot der Staatsferne der Presse zu beachten. Wenn kommunale Amtsblätter vertrieben werden, welche redaktionelle Beiträge enthalten, wird vor diesem Hintergrund unter Umständen rechtswidrig in den Wettbewerb eingegriffen.
08.03.2019
Zweitwohnungssteuersatzungen verfassungswidrig
I. Zu den Grundlagen bisheriger Zweitwohnungssteuererhebung Zahlreiche Gemeinden erheben von den Inhabern einer Nebenwohnung eine Zweitwohnungssteuer. Die Höhe dieser Zweitwohnungssteuer basiert gemäß vielen kommunalen Zweitwohnungssteuersatzungen auf der ermittelten Jahresrohmiete am 01.01.1964. Dieser Wert wird je nach Satzung mit unterschiedlichen Faktoren multipliziert, um den geänderten Bedingungen Rechnung zu tragen. Üblich ist zum Beispiel eine Multiplikation mit dem Preisindex der Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte im Bundesgebiet. Da dieser seit 1999 nicht mehr fortgeschrieben wird, multiplizieren einige Gemeinden mit einem nunmehr festgeschriebenen Hochrechnungsfaktor, z.B. 4,43. Andere Gemeinden haben den Preisindex durch den deutschlandweiten Verbraucherpreisindex ersetzt.